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Kranzniederlegung im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus und der beiden Weltkriege


27. Januar 2024

Bürgermeister Thomas Peters, der Kirchenvorstandsvorsitzende Matthias Janak, Pfarrer Tillmann Reichardt, sowie weitere Vertreter*innen aus dem Stadtrat und der Gemeinde haben heute, am Gedenktag der Opfer des Nationalsozialismus, Kränze niedergelegt und an die Schrecken der beiden Weltkriege und des Holocaust erinnert.

Pfarrer Tillmann Reichardt sagte dazu in seiner Ansprache:

Heute ist ein Tag des Gedenkens. Des Andenkens an die Menschen, die in zwei furchtbaren Kriegen ihr Leben lassen mussten.

Und an die Menschen, die dem systematischen Menschenhass des Nationalsozialismus zum Opfer gefallen sind. Eine Erinnerung, die wir nicht vergessen sollten – gerade jetzt.

Der vielbeschworene Satz: „Nie wieder ist jetzt“ – er gilt gerade heute besonders.

Wir erinnern und mahnen stellvertretend für die, die es nicht mehr tun können. Wir erinnern an den Schrecken des Krieges und das sinnlose Töten, das so viel Leid verursacht hat.

Der Theologe und Pfarrer Dietrich Bonhoeffer, der selbst im KZ Flossenbürg Opfer des Nationalsozialismus wurde, hat einmal gesagt: „Nicht Engagement und Interesse sind es, die den Menschen die Welt entdecken lassen, sondern Liebe.“

Ich bewundere an Dietrich Bonhoeffer seine Besonnenheit und seinen Mut. Nicht nur den Mut, mit dem er sich dem System des Grauens im Nationalsozialismus widersetzt hat. Sondern vielmehr noch seinen Mut, gerade im Angesicht dieses Grauens, an der Liebe festzuhalten.

Nicht mit Engagement oder Interesse lässt sich die Welt entdecken, sondern mit Liebe. Für Bonhoeffer war das der Schlüssel zur Welt. Nur mit der Liebe lässt sie sich erschließen. Nur mit ihr kann ein Mensch, eine Gesellschaft und ein Staat wirklich reich werden. Kein Krieg und kein Hass, kein Raubzug in anderen Ländern, keine Ausbeutung von Ressourcen, keine Abschottung und keine Ausgrenzung sichern Reichtum und Wohlstand.

Alles, was sie erreichen sind Verderben und Misstrauen. Die Liebe aber ist der Gegenentwurf zum Hass. Die Liebe ist mehr als eine Emotion, mehr als ein romantisches Gefühl. Die Liebe ist eine Haltung. Auch eine politische.

Die Liebe ist die Haltung, die zuerst an das Gute glaubt. Die Liebe ist die Haltung, die vertraut. Die Liebe ist die Haltung, die nachfragt: „Wie geht es dir?“. Die Chancen sieht, statt Mauern. Und sie ist die Haltung der Hoffnung.

„Alles bei euch, soll in Liebe geschehen“ aus dem 1. Korintherbrief, steht als Motto über diesem Jahr. Und selten hatten wir als Gesellschaft ein Bibelwort so nötig wie dieses.

In einer Zeit, in der sich ein Krieg nach dem anderen und immer neue Drohkulissen in der Welt auftun. In der Arm und Reich immer weiter auseinanderdriften. In der wir uns im Gegeneinander verlieren, statt gemeinsam für diese bedrohte Welt an einem Strang zu ziehen. Und in der das Unsagbare wieder real wird. In der sich Menschenhass mit der AFD erneut Bahn bricht und wieder offen über Deportationen gesprochen wird.

In dieser Zeit haben wir die Haltung der Liebe nötiger denn je. Damit wir uns im Blick behalten und nicht aus den Augen verlieren. Damit wir nicht auseinandertreiben, sondern Demut voreinander üben. Denn Liebe braucht Demut und Demut braucht Mut.

Lasst uns mutig sein und Liebe wagen. Füreinander, für diese Welt und für die, die es nicht mehr können.

Für alle, die für die Liebe gekämpft und dafür mit ihrem Leben bezahlt haben. Für die, die dem Menschenhass zum Opfer fielen. Für Dietrich Bonhoeffer, die Geschwister Scholl, für unsere jüdischen Mitbürger*innen, für tausende Soldaten auf den Schlachtfeldern. Für die Gefallenen der beiden Weltkriege.

Lassen wir nicht zu, dass sie umsonst gestorben sind. Lasst uns nicht müde werden, an die Liebe und die Menschlichkeit zu erinnern. Lasst uns mutig für sie eintreten und sie dem Hass entgegensetzen.

Lasst uns gemeinsam verhindern, dass so etwas Schreckliches je wieder passiert.

Nie wieder ist jetzt!

Die Liebe ist jetzt.

Pfarrer Tillmann Reichardt, Bürgermeister Thomas Peters und KV-Vorsitzender Matthias Janak mit Vertreter*innen von Stadt und Gemeinde bei der Kranzniederlegung am Gedenkstein in Berggießhübel